Als Aktivist*innen bezeichnen wir alle Menschen, die die Welt verbessern wollen und die sich – direkter oder indirekter – für ein gutes Leben für alle einsetzen (möchten).

Es kann sein, dass du in politischen Gruppen unterwegs bist, Demos organisierst und an Sitzungen gehst. Vielleicht bist du in einem migrationspolitischen Kollektiv aktiv. Oder in einem, welches sich kritisch mit Stadtentwicklung beschäftigt. Oder du hilfst regelmässig bei einem Landwirtschaftsprojekt mit, welches nach den Prinzipien der solidarischen Landwirtschaft funktioniert und jätest und erntest das Gemüse. Vielleicht organisierst du Anlässe für eine Naturschutzorganisation. Es kann auch sein, dass du viel zu Hause bist und dich um diejenigen kümmerst, die oben genannte Sachen machen. Oder du verspürst das Bedürfnis, dass du „etwas“ tun könntest, um die Welt zu verbessern, aber du hast keine Energie dafür oder weisst nicht, wo du dich engagieren kannst. Vielleicht hast du momentan kleine Kinder zu Hause und hast vor, später wieder Artikel für eine kapitalismuskritische Zeitschrift zu verfassen. Oder vielleicht fühlst du dich in deiner kritischen Auseinandersetzung mit dem Zustand der Welt und deiner Position darin so überfordert, dass du gar nicht weisst, wo anfangen, um sie besser zu machen. Manchmal bedeutet aktiv sein eben auch, nicht aktiv sein zu können. Zu sich zurückzukehren, ruhig zu werden.

Es gibt in unseren Augen sehr viele verschiedene Arten und Formen von Aktivismus. Unser Anliegen ist es, dass die Bezeichnung „Aktivist*in“ sehr breit verstanden wird. Wir möchten so offen wie möglich sein – und uns gleichzeitig von gewissen Haltungen und Strömungen abgrenzen. Uns ist das Bewusstsein wichtig, dass nicht alle Menschen dieselben Voraussetzungen haben, um sich aktiv an der Gestaltung unserer Gesellschaft zu beteiligen.

Wir möchten gemeinsam üben, eine Sensibilität für unterschiedliche Perspektiven und Privilegien zu entwickeln z.B. bezüglich Geschlecht, Alter, Rassismuserfahrung, geographischer und familiärer Herkunft, sozio-ökonomischer Schicht, Bildungsweg, finanzielle Verhältnisse, Aufenthaltsstatus, Zeitsouveränität, Sozialisation, Bedürfnisse, Zu- und Abneigungen, Lebensweisen, Familienverhältnissen, Wohnort, Lebensrealitäten, physische und psychische Gesundheit und Diversität. Auch die Perspektive von anders-als-menschlichen Wesen (Tiere, Pflanzen, Ökosysteme, Landschaften, Flüsse, etc.) soll in unseren Überlegungen und Auseinandersetzungen Platz finden. Wir möchten gemeinsam ver_lernen und uns dabei unterstützen, lebendige und lebensfreundliche Lebensentwürfe zu leben. Wir möchten kritisch sein und eine warme Fehlerkultur entwickeln.

Oben haben wir vom „guten Leben für alle alle!“ gesprochen. Was könnte das sein? An Antworten darauf können wir uns nur herantasten. Aber wir wollen es herausfinden – ja, wir sind es am Herausfinden und haben gewisse Ahnungen, was es bedeuten könnte. Vielleicht fangen wir mit einer Frage an: Hei du, was brauchst du, um ein gutes Leben zu leben? Und vielleicht hat es damit zu tun, zu fördern, was die Vielfalt fördert und was Menschen und anderen Lebewesen fruchtbaren Lebensraum, eine hohe Lebensqualität und die Möglichkeit gibt, das eigene Leben in möglichst grosser Freiheit zu gestalten, ohne andere in ihrer Freiheit einzuschränken. Einander fürsorglich, mutig, selbstbewusst und auf Augenhöhe zu begegnen, im Bewusstsein, dass wir gleichzeitig sehr ähnlich und sehr verschieden sind. Und ja, ein gutes Leben für alle zu erkämpfen wird wohl damit zu tun haben, gegen alle Unterdrückungsformen einzustehen, wie sie in den momentan vorherrschenden ausbeuterischen, patriarchalen, kapitalistischen und kolonial-rassistisch Gesellschaftssystemen vorherrschen. Wir wollen andere Geschichten entwickeln und erzählen, als die, welche von Ausbeutung, Zerstörung, Gewalt und den Privilegien Weniger handelt. Ein offenes und inklusives Verständnis davon, wer oder was Aktivist*innen sind, soll uns auch dabei helfen, neue Geschichten zu schreiben, voneinander zu lernen und unsere Kämpfe für eine bessere Welt und ein gutes Leben für alle zu bündeln.